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Vortrag PD Mainz 20.02.2013

1.Abgrenzung Straftat/Ordnungswidrigkeit

- absolute Fahrunsicherheit
(auch ohne Ausfallerscheinungen)
- relative Fahrunsicherheit
liegt nur bei hinreichenden Ausfallerscheinungen vor!
Ausführliche Darstellung siehe Vortrag vom 20.10.2010!

2. Polizeiliche Dokumentation bei Verdacht der Fahrunsicherheit nach Vorlage des Untersuchungsergebnisses insbesondere bei hoher Wirkstoffkonzentration

Auch bei hohen Wirkstoffkonzentrationen, so bei erheblicher Überschreitung der Grenzwerte, darf die Dokumentation nicht verkürzt oder vereinfacht werden!

Eine absolut präzise Dokumentation der Ausfallerscheinungen ist unabdingbare Grundlage für die gerichtliche Entscheidung!

Insoweit entscheidet der Polizeibeamte den Prozess.

3. Strafklageverbrauch durch Urteil im Bußgeldverfahren!!!

§ 84 Abs. 2 Satz 1 OWiG lautet:
Das rechtskräftige Urteil über die Tat als Ordnungswidrigkeit steht auch ihrer Verfolgung als Straftat entgegen.

Ein
Urteil über die Ordnungswidrigkeit konsumiert also die Straftat
Voraussetzung ist Tateinheit zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit

§ 21 Abs. 1 OWiG lautet:
Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird
nur das Strafgesetz angewendet. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden.

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3.5.2012 –
3 StR109/12:

Aus dem Urteil:
Das Landgericht hat den Angeklagten am 20. Dezember 2011 wegen
bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die zulässige Revision des Angeklagten stellt der Senat das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO ein, denn zwischenzeitlich ist das endgültige Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs eingetreten.

Eine dem Angeklagten nach der Festnahme entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,43 ‰ sowie Hinweise auf Cannabiskonsum.

Insoweit leiteten die Strafverfolgungsbehörden ein gesondertes Verfahren wegen des Vorwurfs der
Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) ein, in dem der Angeklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Neuss vom 27. Dezember 2011, rechtskräftig seit 19. Januar 2012, zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt wurde.

Merke:
Der Vorgang belegt erneut, dass die oft geübte Praxis, Verkehrsdelikte auch dann gesonderter Bearbeitung zuzuführen, wenn sie im Zusammenhang mit Delikten der allgemeinen Kriminalität begangen wurden, nicht unproblematisch ist.

Im „ersten Angriff“ schon die Umstände erfragen, die für die Feststellung von Tateinheit oder Tatmehrheit erforderlich sind und dies dokumentieren (Transportfahrt, Fluchtfahrt siehe unten) .
Bitte die Vorgänge nicht trennen! Auf keinen Fall Abgabe der OWI an Bußgeldbehörde.
Unbedingt auf die weitere VN hinweisen!

(BGH 1 StR 466/03:
Tateinheit zwischen Verkehrs- und Betäubungsmitteldelikt liegt vor, wenn der Täter die Betäubungsmittel durch die Fahrt transportieren, finanzieren, an einen sicheren Ort bringen, sie verstecken oder dem staatlichen Zugriff entziehen will!)

4. Kräutermischungen

Künstliche Cannabinoide (JWH-018...):
In der deutschen Forschung führend ist das Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg!
(http://www.uniklinik-freiburg.de/rechtsmedizin/live/index.html)

Akkreditierung
Untersuchungsauftrag
Mehr als 700 Stoffgruppen zu finden in:
http://chemicalsoft.de/index.html
Diese 700 Stoffe erfassen aber gerade nicht die JWH-Gruppen!!!
FAQ zu „Spice“ (synthetische Cannabinoide)
Laut Dr. Auwärter werden bereits zehn neue JWG-Stoffe von der Untersuchung erfasst.

http://legal-high-inhaltsstoffe.de/

Die Rechtsmedizin in Mainz lässt in geeigneten Fällen die Untersuchung der Blutprobe in Freiburg durchführen!

5. Arztpflichten bei der Blutentnahme

Der Arzt, der die Blutprobe entnimmt, hat einen Gutachtenauftrag freiwillig angenommen und ist dabei die Verpflichtung eingegangen, als Sachverständiger „ordentlich“ zu arbeiten.

Dazu gehört auch das ordnungsgemäße Ausfüllen des Blutentnahmeprotokolls!

Darauf sollte der Polizeibeamte hinwirken.

6. Fahrlehrer als Fahrzeugführer

§ 2 XV 2 StVG verkürzt:
Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie der bei Hin-und Rückfahrt gilt der Fahrlehrer als Führer des Kraftfahrzeugs.


Diese Vorschrift soll den Fahrschüler vor zivilrechtlichen Ansprüchen schützen!

Sie gilt nicht uneingeschränkt!!!

OLG Dresden (3. Strafsenat), Beschluß vom 19. 12. 2005 - 3 Ss 588/05

7. Alkoholhaltige Zahnhaftcreme

Zeitschrift: Blutalkohol Januar 2013

Untersuchung der Hochschule Nürtingen/Geislingen und der Paris-Lodron-Universität Salzburg:Verfälschung der „beweissicheren“ Atemalkoholanalyse durch ethanolhaltige Zahnprothesenhaftcreme
-Versuchsdurchführung
-Ergebnis:
Das Messergebnis kann falsch sein!

(„Insofern belegen die Ergebnisse, dass eine reale Konstellation vorstellbar ist, bei der trotz Einhaltung aller gemäß DIN-Norm VDE 0405 vorgeschriebenen Messvoraussetzungen das Messsystem Dräger Alcotest 7110 Evidential ein falsches Messergebnis ausgibt, ohne es zu erkennen. Dies ist in den Wissensschatz des rechtsmedizinischen Sachverständigen unbedingt aufzunehmen und gegebenenfalls zu berücksichtigen.“)
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei einen Faschingsgebissträger mit ethanolhaltiger Haftcreme antrifft, ist sehr gering.
Demgegenüber ist die Wahrscheinlichkeit, das der Fahrer Träger einer Zahnprothese ist, die er mit ethanolhaltiger Haftcreme fixiert hat, zweifellos höher.

Aus Sicht der Autoren ist der Exekutive zu empfehlen, dass Träger von (losen) Zahnprothesen generell nicht mit Dräger 7110 getestet werden sollten.

Damit wäre jedenfalls bei diesem Personenkreis die – möglicherweise auch fälschlicherweise hervorgebrachte - Einlassung der Verfälschung des Messergebnisses durch die Verwendung einer alkoholhaltigen Zahnprothesenhaftcreme ausgeschlossen.

Meine Untersuchung:
Es gibt nur eine einzige Zahnprothesenhaftcreme, die Alkohol enthält!!!


Merke:Es existiert nur eine Zahnprothesenhaftcreme, welche Alkohol enthält.
Bei Verdacht auf die Nutzung einer Haftcreme sollte nach dem Produkt gefragt werden.
Sofern „fittydent“ benutzt wird, ist eine Blutentnahme durchzuführen!

8. Alkoholfeies Bier für Fahranfänger?

kurz und fündig 01/13:

Promille durch alkoholfreies Bier?

Wirklich „alkoholfrei“ ist Alkoholfreies Bier nicht:
Bis zu 0,5 Vol.-% sind in Deutschland erlaubt.

Sollten Fahranfänger also besser die Finger davon
lassen? Schließlich gilt für sie ja die 0-Promille-Grenze.

Ergebnis: Tatsächlich ergaben die Blutuntersuchungen eine messbar gestiegene
Blutalkoholkonzentration. Diese bewegte sich allerdings
nur
in einem „Mikrobereich“; der höchste gefundene Messwert lag bei
0,0056 Promille Alkohol und wäre selbst für Fahranfänger noch unbedenklich, denn statt der 0-Promille-Grenze wird in der Praxis ein analytischer Grenzwert von 0,2 Promille angewendet.

Quellen: 1. drugcom.de (21.9.12); 2. Thierauf, A., Große Perdekamp, M. & Auwärter,
V. (2012). Maximale Blutalkoholkonzentration nach forciertem Konsum
von alkoholfreiem Bier. Rechtsmedizin, 22 (4), 244-247.

9. Feststellung der Trinkzeit:

Die Feststellung der Trinkzeit und
insbesondere des Trinkendes
ist wichtig für die Tatzeitblutalkoholberechnung
und daher nach Möglichkeit immer zu
dokumentieren!

10. Ausfallerscheinungen, aber Vortest negativ:

- Anfrage StA
- Anfrage Rechtsmedizin